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Matthias Otten - 85 Jahre, bald 60 Jahre Schuster-Meister - und immer noch täglich im eigenen Laden aktiv Sammal Schuhmacher Matthias Otten im Rhein-Erft-Kreis: Alt-Meister seines Fachs
Schuhmacher Matthias Otten im Rhein-Erft-Kreis: Alt-Meister seines Fachs
Die bunte Palette des Schuhmacher-Werkzeugs - bei Matthias Otten ist tatsächlich noch vieles echte Handarbeit. Fotos: Volker Düste
Matthias Otten in seinem Metier: werkelnd auf seinem Sessel in der Werkstatt.
Matthias Otten in seinem Metier: werkelnd auf seinem Sessel in der Werkstatt.

Ich liebe meinen Beruf, wenn ich länger nichts zu tun habe, wird mir schnell langweilig!“ Und Matthias Otten hat genug „zu tun“ - auch fast 60 Jahre nach seiner Ernennung zum Schuhmacher-Meister. Der Bliesheimer ist einer der ältesten, noch in seinem eigenen Laden aktive Meister im Rhein-Erft-Kreis.

Sechs Tage die Woche klingelt es munter im Laden von Matthias Otten, wenn sich die Tür zu seinem Geschäft öffnet. Kamen in den ersten Jahren nahezu ausnahmslos Bliesheimer in seinen Laden, änderte sich dies mit den Jahren. „Anfangs waren wir drei Schuster alleine hier im Ort, übrig geblieben bin nach einigen Jahren nur noch ich. Und auch in Erftstadt gibt es heute nicht mehr viele“, fasst das Schuhmacher-Urgestein zusammen. Deshalb kommen nun Kunden aus ganz Erftstadt, Brühl, Kerpen, Hürth, Weilerswist, Metternich oder Heimerzheim.

Doch der Reihe nach: Der Wunsch, Schuhmacher zu werden, hat bei Matthias Otten einen traurigen Ursprung. „Mein Vater Theodor war auch Schuhmacher, er kam 1945 aber leider nicht mehr aus dem Krieg zurück. Da war ich sieben Jahre alt.“ 1953 trat er dann in seine Fußstapfen und begann eine Schuster-Lehre, „im Schuhhaus Nüssgen in der Friesenstraße in Köln. Danach bin ich dann zu Franz Römer in die Benesisstraße gewechselt - und von dort von 1961 bis 1963 nach der Arbeit zum Meister-Lehrgang ins Kolpinghaus gegangen.“ Im November 1963 erhielt er seine Ernennungsurkunde als Schuhmacher-Meister. Ein Jahr später eröffnete Matthias Otten dann sein Geschäft in Bliesheim, in dem seine Dienste noch heute gefragt sind. Kein Wunder, denn der „Alt-Meister“ versteht sein Handwerk–und ist auch im Alter noch kreativ. „Die Kunden bringen mir ja längst nicht nur Schuhe. Oft sind das eigentlich Sattler-Arbeiten. Gerade bei den Reitfreunden hat sich das rumgesprochen, dass ich nicht nur neue Reißverschlüsse in Stiefel einsetze, sondern auch schon mal ein Halfter oder sowas repariere. Wenn ich eine Idee habe, mache ich mich ans Werk. Die Kunden sind dann meist heilfroh!“ Wenn es aber ohne Spezial-Werkzeug nicht geht, schickt Matthias Otten die Kunden auch gleich zu passenden Meister-Kollegen in der Region. Denn sein „Tagesschäft“ sind und bleiben Schuhe aller Art. Ob neue Absätze für Stiefel oder „vernünftige“ Sohlen für zum Teil noch fast neue Schuhe, Matthias Otten weiß, was zu tun ist: „Meist ist der Kunststoff das Problem. Man rutscht schnell aus oder die Schuhe quietschen. In dem Fall sage ich den Kunden: Dann sind sie nicht bezahlt“, lacht Matthias Otten. Auch mit 85 Jahren werkelt er mit viel Spaß noch täglich in seiner Werkstatt – und leistet echte Handarbeit. Neben der Ausputzmaschine für Schleifarbeiten, der Nähmaschine, dem Stanz-Apparat für Ösen und Häkchen und dem Weit-Apparat hält Matthias Otten auch häufig seinen Hammer, Zangen, Bürsten und weiteres Werkzeug in den Händen, um alte Schuhe wieder „rauszuputzen“.

Die alte Redewendung „Schuster bleib bei deinen Leisten“ ist bei Matthias Otten wörtlich zu nehmen, denn längere Pausen sind nichts für den 85-Jährigen: „Wir haben bis vor einigen Jahren im Sommer immer zwei Wochen Urlaub an der Ostsee gemacht, das war es eigentlich. Und nach der Flut, die bei uns glücklichweise nur knapp bis vor den Laden stand, war es mal eine Woche lang ruhig.Ansonsten bin ich hier in meiner kleinen Werkstatt und arbeite.“ Sein einziger Kompagnon in all den Jahren: das Radio! „Die Musik und das Singen sind eine Leidenschaft von mir. Ich habe 63 Jahre im Männergesangverein Concordia hierin Bliesheim gesungen – bis zur Auflösung.“ Aufgelöst wurde nach rund 30 Jahren auch sein Kegelclub „Schräch Sechs“. Eine weitere Leidenschaft von Matthias Otten ist der Fußball, genauer gesagt der 1. FC Köln. Der ist auch im Laden nicht zu übersehen: Sogar zwei Sitzplätze aus dem alten Müngersdorfer Stadion stehen in der Werkstatt. „Die haben mir mein Sohn und meine beiden Töchter organisiert.“ Apropos Familie: Was sagt eigentlich seine Frau Elisabeth dazu, dass er mit 85 Jahren immer noch täglich arbeitet? „Die steht ja selbst auch schon mal im Laden und vertritt mich, wenn ich zum Beispiel zum Arzt muss, oder verkauft mit mir die letzten Paar Schuhe, die wir jetzt noch haben. Das sind unsere Restbestände, weil 2019 mein Großhändler Schluss gemacht hat.“ Und dieser Gedanke ist ihm noch nie gekommen? „Nein. Ich mache weiter, so lange, wie ich kann – und der da oben mich lässt“, lächelt Matthias Otten glücklich, bevor die Klingel den nächsten Kunden im Laden des „Alt-Meisters“ ankündigt. Volker Düster

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